Freitag, 9. September 2016

Saft


Nach unseren rigorosen Entkernungsbemühungen zu Beginn unseres kleinen Projekts, in deren Rahmen wir sowohl die reguläre verlegten Stromkabel als auch die abenteuerlichen Verdrahtungen mit Klingeldraht (scheinen ja gut funktioniert zu haben...) herausgerissen hatten (und nebenbei auch noch auf uralte, aluminiumkaschierte, totgelegte Verdrahtungen aus sehr alten Zeiten unter den abgehängten Decken stießen), bestand unsere Stromversorgung lediglich aus einer Art Baustrom.
Zwei Feuchtraumsteckdosen, direkt an der alten Verteilung angeschlossen, begleiteten uns bis zum Frühjahr dieses Jahres.


Übersichtlich: Baustrom auf einer Phase.


Da weder der Held am Bau noch ich besonders versierte Elektriker sind (für marginale Installationen von z.B. Steckdosen, Lichtschaltern und Lampen sind unsere Kenntnisse ausreichend), bestellten wir uns einen Elektriker.
Der junge Mann stellte fest, daß das gesamte Haus nur auf einer Phase lief (gängig sind heutzutage drei Phasen). Also benötigten wir zusätzlich zu einem Einfamilienhaus-Stromverteilerkasten auch noch einen neuen Stromzähler.
Innerhalb kürzester Zeit montierte der Elektriker einen neuen Stromverteilerkasten, der unserer Ansicht nach gut und gerne ein gesamtes Hochhaus, zumindest aber unseren Einfamilienpalast mit Strom versorgen kann.


Verteilerkasten für Einfamilienpaläste - hier noch mit dem alten Zähler.

Für den Einbau des neuen Zählers war dann der regionale Netzversorger zustandig.
Also vereinbarten wir einen Termin, an dem sowohl der Elektriker als auch der Vertreter des Netzversorgers vor Ort waren - Andreas sagt, sie hätten sich gegenseitig auf die Finger geguckt beim Einbau des neuen Zählers. Stromtechnisch waren wir seitdem auf der sicheren Seite.


Einfamilienpalastverteilerkasten mit neuem Zähler und ersten angedachten Kabeln.

Dann ging es an die Verkabelung.
Zufällig begeneten wir auf einer Geburtstagsfeier Jürgen, einem Freund von Andreas, und erzählten ihm von unserem Projekt.
Als ehemaliger Student der Elektrotechnik (er ist überhaupt sehr vielfältig ausgebildet), begannen seine Augen zu leuchten, und nach dem Satz "Elektrik ist meine Leidenschaft!" erkohren wir ihn zu unserem Haus-und-Hof-Verdrahtungskönig mit freier Handhabe.
Er kam vorbei, sah sich alles in Ruhe an, lauschte unseren Wünschen bezüglich Steckdosen, Lichtschaltern und anzuschließenden Geräten, und machte sich mit einer Engelsgeduld einen Plan.
Uns hinterließ er eine Einkaufsliste und den ersten (von mittlerweile fünf) Terminen.

Bezüglich der Verdrahtung hatten wir (will sagen: Andreas) bestimmte Vorstellungen.
Die Verkabelung sollte aufputz sein, da ein Schlitzen der Wände zum einen sinnentleert (weil Mauerwerk im Sichtbereich) gewesen und zum anderen extrem dreck- und arbeitsintensiv geworden wäre.
Farblich wollten wir schwarzes Kabel haben, das mit Bakelitschellen (ebenfalls schwarz) an den Wänden befestigt werden sollte.
Also orderte ich gefühlte Kilometer Erdkabel in verschiedensten Diametern, sowie auch hunderte von Bakelitschellen.
Stecker und Steckdosen entdeckten wir in der Ostalgieecke.
Sie sind ein wenig älter, unbenutzt, aufputz, rund, schlicht und - leider - weiß. Aber auch dieses Problem ließ sich, Rallye Spray sei Dank, beheben; es war nur ein wenig fummelig alle Teile vor dem Lackieren auseinanderzuschrauben, aber um das Zerlegen wären wir für die spätere Montage auch nicht herumgekommen.


Ostalgie Schuko-Steckdose; hier: Doppelsteckdose.


Ostalgie Lichtschalter; hier: Wechselschalter.


Und dann kam Jürgen zum ersten Verkabeln.
Unser kleines Projekt verwandelte sich innerhalb kürzester Zeit in eine Kabelmeduse - überall verliefen nun schwarze Kabel in unterschiedlichen Stärken durch die Räume, verzweigten sich hier und da, und entpuppten sich vereinzelt als böse Stolperfallen.


Kilometerweise Kabel...


... inklusive erster Unterverteilungen.

Bei seinem nächsten Besuch gelang es Jürgen nicht besonders gut, seine Enttäuschung über den von uns nicht geleisteten Fortschritt (Kabel an den Wänden fixieren, Steckdosen und Schalter anbringen, vorhandene Lampen verdrahten - wir hatten uns seinerzeit auf den Carportbau konzentriert) zu verbergen. Er arbeitete trotz dessen mit stoischer Gelassenheit weiter, während wir beiden uns daran machten, ihm zuzuarbeiten.

Bei seinem dritten Besuch war er voll des Lobes - wir hatten einen Schlag reingehauen und wie am Fließband Steckdosen und Lichtschalter verkabelt und auch alle verfügbaren Lampen angerickert - Andreas mochte in dieser Zeit keine Kabel mehr sehen.
Und, nach äußerst detaillierter Prüfung aller Leitungen, setzte er die Verkablung unter Feuer. Bis auf eine Steckdose, die wir versehentlich falsch angeschlossen hatten (und die mit einem lauten Knall die Sicherungen rausfliegen ließ, was ja auch die Aufgabe eines FI-Schalters ist), lief alles reibungslos.

Als Jürgen das vierte Mal bei uns aufschlug, sahen wir langsam das Licht am Ende des Tunnels.
Wir waren zwar noch am Verkabeln von Andreas' Werkstatt, und es fehlen auch noch zwei Außenlampen, aber es gelang unserem Elektrik-König, auch die Werkstatt unter Strom zu setzen. Dieses Mal ohne irgendwelchen Fehlverdrahtungen.
Wenn er dann ein fünftes und letztes Mal kommt, sollten wir alle elektrischen Tüfteleien in und an unserem kleinen Projekt erledigt haben.


Licht und Strom in der Waschküche...


... in der Werkstatt links...


... und rechts...


... im Badezimmer...


... im kleinen Zimmer...


... im Flur...


... vor der Haustür...


... im Schlafzimmer...


... im Flur oben...


... und in der Küche.

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