Sonntag, 13. September 2015

Unser Eiger - Beginn der Erklimmung


Die Krankengymnastik, die dem Bauherrn durch seine Hausärztin verschrieben worden war (und sich eher als Massage entpuppte) wirkte Wunder: die durch Muskelverspannungen hervorgerufenen Schulterschmerzen legten sich Stück für Stück, und der Mann am Bau war langsam aber sicher wieder einsatzfähig.

Wir testeten dies, indem wir ganz gemächlich Wilhelms Gerüst an der Ostwand abbauten und an der Nordwand, unserem kleinen Eiger, wieder aufbauten - ganz langsam.


Das Gerüst wächst die Nordwand hinauf.



Da wir gegen Mittag noch zum örtlichen Kartoffelfest sollten (Martins Bruder Willi hatte Andreas gefragt, ob wir helfen könnten, und Andreas hatte einfach mal ja gesagt), waren wir etwas früher aufgestanden um vorher noch das Gerüst zu versetzen. 

Wir stellten die Grundelemente auf (von meinem Mann akribisch vermessen, da sie an dieser Stelle doch mehr Gewicht aufnehmen sollten als an der Ostwand), hieften die ersten Querteile hoch, auf die Andreas dann die Holzbohlen legte, die ich ihm zureichte. 
Von dort aus stellte Andreas eine weitere Ebene auf, allerdings kleiner als die des vergangenen Jahres an der Südfront. So langsam bekommen wir eine gewisse Routine was das Ein-, Ab- und Umrüsten angeht.


So läßt sich unser Eiger erklimmen.

Den unteren Teil der Nordwand hatte Andreas bereits bearbeitet bevor wir das Gerüst umsetzten; er hatte die Wand von Nägeln befreit, die durch Nägel und Frost entstandenen Löcher verputzt und die Wand bis zur Fensterhöhe gevandskurt. Diese Arbeiten zwischen den Grüstteilen hindurch zu leisten wäre schwierig geworden.


Der Eiger ohne Nägel ...


... und mit frischem Strandmörtel.

Nun stand der Bauherr vor der Entscheidung womit er anfangen sollte.
Zur Auswahl standen das Fenster und das Fries. Und er entschied sich für das Fenster, um später in aller Ruhe am Fries herumpickern zu können (kaputte Steine raus, neue Steine rein).

Also ein letztes Mal das Prozedere des Fensterausbauens, zumindest was die alten Kunststoff-Fenster angeht... Fenster aushängen, Fensterrahmen unter Zuhilfenahme des Meinungsverstärkers herausstemmen, Reste von Bauschaum und anderen Bausünden herauspopeln.


Das letzte Kunststoff-Fenster ist raus.

Dann machte sich der Bauherr daran die unteren etwa 80 cm zuzumauern. 
Und jetzt bitte nicht lachen: das ist die Höhe unseres Bettes, das wir an die Nordwand bzw. unter das Fenster stellen wollen. Ja, wir bauen um unsere Möbel herum ... *grien*
Immer noch des Mauerns unkundig, beschränkte sich mein Part auf lehrlingshaftes Reinigen bzw. Wässern der Steine und Zureichen derselben sowie so ziemlich allem, wonach es dem Mann am Bau zwischendurch so gelüstet.


Bummelig 80 cm hochgemauert von innen ...


... und von außen.

Eine Nacht lang überließen wir die Öffnung ihrem Schicksal (natürlich abgedeckt, es sollte Regen geben), damit die Grundmauer schon einmal ein wenig anziehen bzw. leicht trocknen konnte.

Am nächsten Tag wollten wir das halbrunde, neu erstandene und von uns verglaste Stallfenster einsetzen. Eigens dafür bastelte Andreas zunächst aus einem Stück OSB-Platte eine Art Schablone in der Größe des Fensters; zur besseren Standfestigkeit versah er den hölzernen Halbkreis noch mit einer Art Fuß. 


Die Fensterschablone wird eingefügt.

An die Rückseite der bündig mit dem Außenmauerwerk abschließenden Schablone (also: nach innen) setzten wir das Fenster. Diese Konstruktion war nötig, damit Andreas um den Rundbogen des Fensters herum einen Bogen mauern konnte - seinen ersten überhaupt... (er wollte mich nicht beunruhigen und hatte vorher ein wenig herumgedruckst als  ich wissen wollte, ob er so etwas schon gemauert hätte...) Und die Steine, die quasi wie eine Rollschicht angeordnet werden sollten, auch eine halbwegs brauchbare Auflagefläche hätten.


Eingekeiltes Fenster mit Schablone.
Nun ging es ans Bogenmauern.
Als Trockenübung hatte Andreas dies schon einmal getan, nun ging es an die knallharte Praxis...


Schräg mauern ist zunächst etwas ungewohnt ...

... aber es gibt zum Glück einfache Kontrolltechniken ...


... damit auch der letzte Stein passt.

Und so gelang dem Bauherrn das, was er schon immer einmal ausprobieren wollte: einen Rundbogen mauern. Was nun noch fehlte waren das Verfugen der Lücken und das Abrappen mit dem restlichen Mörtel, sowohl von innen, als auch von außen.


Andreas beim Abrappen von außen ...


... und von innen.

Ich war ein wenig erstaunt als er schließlich sagte, wir könnten zum Schluss ruhig schon die Schablone entfernen. 
Aufgrund der Statik, die so ein Rundbogen mit sich bringt, werden die Kräfte von oben seitlich am Bogen entlang nach unten geleitet, so dass die Schablone, die lediglich eine Mauerhilfe war (Andreas hätte ansonsten die Steine alle balancieren müssen, was nicht funktioniert hätte), ihren Dienst getan hatte. Prima!


Voilà, der Schlafzimmerblick ...


... Romanik meets Eiger.

Das Einmauern der hartgebrannten Klinker als Solbank ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.


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