Donnerstag, 17. Dezember 2020

Ein Winterpalais

 Und wieder einmal begann alles ganz harmlos...

Der Bauherr und ich saßen eines Herbstabends auf ein Bier am Feuerkorb am Rande des Gartens und genossen die Stimmung - zumindest dachte ich das, täuschte mich allerdings, da der Bauherr nicht genoss sondern sinnierte. 

"Was hältst Du von einem Wintergarten?" fragte er, den Blick über den Flaschenhals hinweg auf die nach Süden ausgerichtete Giebelwand des Hauses gerichtet.

 

Unser Südgiebel

Und dann sinnierten wir zu zweit. 

Ich eher online, um erst einmal eine Vorstellung davon zu bekommen, wie so ein Wintergarten aussehen kann und was der Spaß denn so kosten würde; er zusammen mit Thomas, dem Zimmermann unseres Vertrauens, pragmatischer Weise vor Ort mit Messutensilien aller Couleur.

Als dann der Winter kam, fanden wir es an der Zeit zusammen mit Thomas Nägel mit Köpfen zu machen - um dann im Frühjahr loslegen zu können. Meine leicht anthroposophisch angehauchten Vorschläge, die ich aus dem Netz gefischt hatte, fanden die beiden Bauexperten zwar nett, aber nicht wirklich praktikabel. 

Und so einigten wir uns auf einen baulich machbaren Kompromiss, den Andreas erneut als sakralen Wohnungsbau bezeichnete. Thomas' Vorschlag war quasi eine Verlängerung des gesamten Hauses, so dass er einen vernünftigen (sprich: wasserdichten) Anschluss des Daches und der Seitenwände an das Haus gewährleisten konnte. Und wir kamen mit ihm überein unsere Fenster selbst zu organisieren und von ihm einbauen zu lassen. Die Idee eines verglasten Daches verwarfen wir recht flott wieder zugunsten eines Festdaches mit Dachfenstern (ebenfalls von uns organisierbar). Vorarbeiten wollte Andreas weitestgehend übernehmen, für weitere Baumaßnahmen sollten Thomas mit seiner Mannschaft bzw. weitere Gewerke einspringen. Soweit die grobe Planung für den Bauantrag, den Thomas nun für uns in die Wege leitete.

Als das Frühjahr kam, wurde es ernst; der Bauherr schaffte Tatsachen für das benötigte Fundament.

Boys and their toys...
 
Der Bauherr am Werk.

 

Innerhalb kürzester Zeit verwandelte Andreas die Fläche vor dem Südgiebel in etwas, das man wohlwollend als Mondlandschaft bezeichnen könnte. Unsere alte Terrasse sowie unzählige Pflanzen mussten dem neuen Projekt weichen; die Pflanzen konnten wir größtenteils retten und an anderer Stelle wieder einpflanzen, was zwangsläufig zu einer mittleren Umstrukturierung unseres Gartens führte.

Als erstes setzte Andreas Kellerwandsteine, füllte dann, nach entsprechender Trocknungszeit, die Fläche mit Kies (ich will immer noch Sand sagen...), und verdichtete den Untergrund, so dass wir betonieren konnten.

Eben vor dem Verdichten...


...ist kurz nach dem Betonieren.

 

Wir waren überein gekommen keine bodentiefen Fenster zu nehmen, stattdessen wollten wir gerne eine etwa kniehohe Mauer haben, die uns die Möglichkeit einer Fensterbank bot. Hier setzte sich abermals Andreas' dänische Bauprägung durch und wir arbeiteten mit Leca-Steinen. 

 

Groß, gut, praktisch - Leca.


Die gut kniehohe Umrandung...


... erhält eine individuelle Sohlbank.

 

Um eine optische Angleichung an das Haus zu erzielen, folgten hier nun die gleichen Schritte wie an der Hauswand: Vandskuren und mit pigmentierter Kalkfarbe streichen - mehrmals.

Dann passierte längere Zeit nichts. Wir warteten darauf, dass Thomas uns in seinem gut gefüllten Terminkalender ein Zeitfenster öffnen konnte; eine für uns neue und ungewohnte Situation, da wir bisher vieles selbst gemacht hatten und uns eigene Zeitfenster basteln konnten. So geht es also dem Gros der Häuslebauer.

In dieser Zwischenzeit saßen wir natürlich nicht untätig im Garten; vielmehr galt es diesen nun ein wenig nutzerkonformer zu gestalten, zum Beispiel durch das spontane Anlegen einer Terrasse...

 

Terrasse in groben Zügen.

 

Der Verfügbarkeit von halbschwerem Gerät sei Dank, ließ Andreas seiner GaLa-Ader freien Lauf und planierte das Erdreich vor dem zukünftigen Wintergarten. Um dem Wunsch nach leicht anthroposophieschen Einschlägen gerecht zu werden, sollte es nun eine runde Fläche werden, gerne gepflastert.


Das Eckige verschwindet im Runden.

 

Damit wir uns beim Grillen nicht plötzlich eine Etage tiefer im Garten wiederfinden würden, hatte Andreas die Idee die Terrasse mit Feldsteinen abzufangen. Das eine oder andere Exemplar schwirrte noch im Garten herum, die Anhängerladung mit den fehlenden Steinen puhlten wir eines samstags aus dem Acker des Nachbarn und schichteten sie Stück für Stück im Kreis auf. Alle überzähligen Steine erhielten später einen neuen Platz entlang des Mauerstummels des Wintergartens.


Letztes kosmetisches Einsanden.

Und so hatten wir nun einen schönen, befestigten Platz im Grünen.

Unsere kleine runde Terrasse.

 

Und dann, recht unverhofft, ging es auf, das Zeitfenster von unserem Thomas. 

Im Nullkommanichts rüstete Thomas' Mannschaft das neue Projekt ein und errichtete unter seinen wachsamen Augen die von ihnen vorgefertigten hölzernen Elemente.

 

Die ersten Elemente...


... standen im Handumdrehen.

 

Wann immer ich nun von der Arbeit nach Hause kam, konnte ich - ähnlich einem Daumenkino - den rapide voranschreitenden Prozess der Wintergartenwerdung sehen. Innerhalb kürzester Zeit entstand ein überdachtes Skelett.


Holzständer mit Dach.


Dann schloss sich das Zeitfenster erst einmal wieder, und wir kamen wieder ins Spiel. 

Um den Wintergarten auch zur kalten Jahreszeit nutzen zu können, fiel die Wahl unserer Heizquelle - standesgemäß - auf einen Ofen. In Anbetracht des Raumvolumens verabschiedeten wir uns von der ursprünglichen Idee eines dänischen gusseisernen Kaminofens zugunsten eines Mini-Grundofens mit Speicherpotenzial - doch dazu später mehr. 

Elementar war erst einmal ein Zug für einen Ofen; nach einigem Hin und Her entschieden wir uns gegen einen Zug an der Fassade und für einen ungedämmten Modulschornstein, so wie er uns bereits im Haus treue Dienste leistet. Nach Rücksprache mit Torben, dem Schornsteinfeger unseres Vertrauens, orderte ich ein entsprechend langes Exemplar, das Andreas Stück für Stück wachsen ließ, zunächst nur bis unter das Dach. Später nahm er, zusammen mit Thomas, die Dachdurchführung vor und holte - Torben und den Vorschriften zuliebe - das Maximum an Höhe heraus. Eine schweißtreibende und mühselige Angelegenheit, trotz des Gerüsts.

Um den Fußboden zu dämmen hatte Andreas sich für sogenannte Lecanødder entschieden. Diese Hydrokultur-ähnlichen Blähtonkugeln werden in Dänemark gerne für diesen Zweck verwendet, und auch hier ließ uns der dänische Baumarkt nicht im Stich und lieferte gefühlte Unmengen (wie sich später herausstellte hatte der Bauherr sich bezüglich der Menge zum Erreichen der Füllhöhe minimal verrechnet...seitdem gibt es bei uns kaum einen Blumentopf, der nicht mit Lecanødder befüllt wurde...).


Lecanødder verpackt...


... und unverpackt für's korrekte Niveau.


Weiter ging es an das Verschalen des Innenraums, das der Bauherr nach und nach vornahm. Insbesondere das Einfassen der Dachfenster stellte sich - wie bereits vor geraumer Zeit im Haus - als detailfreudige Beschäftigung heraus, die Andreas nicht nur einmal nervlich und körperlich herausforderte.


Verschalung innen...

 

Um die geforderte Statik nicht zu unterwandern, hatte man uns nahegelegt die beiden Seitenteile des Giebels quer zu verstreben - was Thomas auch getan hatte. Nun stellte sich uns die Frage, wie wir die Seitenteile gestalten wollten. Verglasen kam nicht in Frage, zumal wir an einer Seite sowohl den Zug als auch den Ofen platzieren wollten. Somit hatten wir zwei Alternativen: Fachungen mauern oder Verschalen und dämmen. 

Zunächst war der Bauherr recht angetan von dem Gedanken an das Ausmauern der Fachungen; er überlegte hier, rechnete dort, maß aus. Und verwarf den Gedanken letztendlich. So orderten wir weiteres Holz und Holzfaserdämmung von Thomas und sorgten so für Blockhaus- oder Almhütten-Flair in unserem Garten; es fehlen lediglich die Geranienkästen, wie wir sie aus der Schweiz kennen...


... und außen.


Dann kamen, langsam aber sicher, all die Dinge, die wir geordert hatten. Zuerst erreichte uns unser Mini-Grundofen. In recht zahlreichen Einzelteilen, samt feuerfestem Mörtel und Aufbauanleitung.

Unser Grundofen in Einzelteilen.

 

Dann kamen die Fenster. Nun brauchten wir nur wieder eines von Thomas' magischen Zeitfenstern; magisch, da sie mal da sind, dann wieder verschwinden und sich an anderer Stelle unerwartet wieder auftun... ;-)


Voilà, unsere dänischen Fenster, Teil II.


"Wir kommen, sobald es regnet und wir nicht auf den anderen Baustellen arbeiten können.", sagte Thomas. Und es folgte ein Herbstmonsun, der es in sich hatte - ohne Thomas. Ich hatte schon fast die Hoffnung auf Weihnachten bzw. Silvester im Wintergarten begraben, da tat sich, wie aus heiterem Himmel, eines Samstags eines von Thomas' Zeitfenstern auf. Er kam mit vier kräftigen Helfern und setzte die Fenster in Rekordzeit ein. 

 

Rekordverdächtiger Fenstereinbau.


Und der Ball ging nun endgültig wieder an uns beide. 

Das Thema Fußboden hatte uns im Vorfeld bereits beschäftigt. Wir schwankten zunächst zwischen einem Holzfußboden (Dielen oder Stirnholz), freundeten uns dann mit Zementfliesen an, um schließlich bei Naturstein zu enden. Als gelernter Steinmetz war dies der klare Favorit des Bauherrn. Also fischte ich im Netz und entdeckte Kalksteinplatten, vom Händler entweder als Burgunder Platten oder liebevoll als Kathedralplatten angepriesen. Das passte doch perfekt zum sakralen Wohnungsbaukonzept des Bauherren...


Kathedraler Fußbodenbelag. Think big!

Das Verlegen dieses unhandlichen Formats erwies sich als nicht besonders dankbare Aufgabe, die Andreas jedoch mit Bravur meisterte. Die Platten sind zudem pflegeleicht; nachdem wir sie mit Klinkeröl einmal vorsichtig behandelt hatten, gab es nur noch die gute grüne Seife. Optisch machen sie sich super, die Farbpalette reicht von Grautönen über Sandtöne bis zu rötlichen Einschlüssen. Auch die spaltraue Oberfläche ist angenehm, ganz besonders barfuß im Sommer.

 

Kathedralboden, fertig verlegt.


Eines der letzten großen Kapitel in Sachen Wintergarten war der Ofen. Bestehend aus gefühlt einhundert Einzelteilen, speziellem Mörtel, einer Brennkammer, speziellem Putz und einer Bedienungsanleitung, sollte er uns eine ganze Weile auf Trab halten.


Viele Kleine sind ein Großes.

 

So machten wir uns eines Sonntagnachmittags an den Aufbau, Stück für Stück, begleitet von gelegentlichem Fluchen des Baumeisters, wenn ein Element nicht so wollte wie es eigentlich laut Anleitung sollte oder der Mörtel sich erdreistete mal hierhin, bald dorthin zu kleckern - auf den sakralen Fußboden...


Die ersten Handgriffe...


... für die innere Röhre...


... gefolgt von der äußeren Röhre...


... die dann verputzt wird.


Voilà, fertig verputzter Rondo Maxi.

 

Innerhalb weniger Tage setzte der Baumeister alle Teile erfolgreich zusammen und verputzte den kleinen Grundofen, der uns gelegentlich an eine Litfaßsäule erinnerte (wehe dem, der plakatiert!). 

Nach dem Anschluss der Rauchrohre einige Tage später konnten wir uns einen klitzekleinen Probebrand vor der Abnahme durch Torben natürlich wieder nicht verkneifen. 

Mittlerweile nutzen wir das Prinzip des Grundofens bei entsprechenden Temperaturen regelmäßig und erfreuen uns (und unseren Besuch) mit lauschigen Temperaturen, die langanhaltend sind, sowie mit einem wunderschönen Flammenspiel.

Sommers wie Winters hat sich der Wintergarten nun bewährt; wir bereuen nicht, dass wir uns gegen ein Glasdach entschieden haben, da sich die Temperaturen in der warmen Jahreszeit als sehr erträglich erwiesen haben, und die Wärme in der kühlen Jahreszeit nicht ganz so einfach flöten geht.

Es ist ein sehr angenehmer, weil lichtdurchfluteter Raum, der von uns allen (Haustiere inklusive) sehr gerne genutzt wird. Und wir haben endlich genügend Platz um mit Freunden und Nachbarn schöne Stunden bei einem guten Essen, gerne begleitet von einem noch besseren Wein, zu verbringen.

Höchstwahrscheinlich endet hiermit auch unser Blog, da wir eigentlich keinerlei größere Bauvorhaben mehr auf dem Schirm haben. Von einer Unterkellerung des Hauses hat der Baumeister abgesehen - sagt er. Aber wer weiß, vielleicht packt es uns eines Tages doch wieder, das Wühlfieber, und es gibt ein weiteres kleines Projektchen... ;-)


Wohlfühlraum innen...


... und aus dem hintersten Winkel.


















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